K L A N G K R I E G
 
KLANGKRIEG wurde 1987 von Felix Knoth und Tim Buhre gegråndet. Die Gruppe verarbeitet in futuristischer Tradition das Rauschen der Grostadt und das Flåstern der Hochspannungsleitungen zu elektroakustischen Kompositionen, die auf digitalen und analogen Tontrgern dokumentiert werden. In den Musikståcken liegen Brutalitt und Zuråckhaltung dicht beieinander, kånstliche und konkrete Gerusche werden in harten Schnitten oder feinen bergngen zusammenmontiert. Diese Interview wurde von Dmitry Vasilyev mit Felix Knoth in Februar 2000 via e-mail durchgefåhrt.
 
 
Zuerst nach Klangkriegs Geschichte. Wie haben Deine musikalische Ansichte entwickelt? Wie entstand eure Band und woher eigentlich kommt der Name?  
Wogegen fåhrt ihr den Krieg?
Die Entstehung von Klangkrieg bedeutete får uns eine radikale Entscheidung zu einem Schritt in eine neue Welt. Tim Buhre und ich hatten bereits 1986 angefangen, Musik zu machen. Anfangs orientierten wir uns noch an klassischen Popstrukturen, die Harmonieen waren zwar dåster und schrg, aber entsprachen in ihrer Anordnung und der rhythmischen Untermalung noch den gngigen Schemata. Wir arbeiteten damals auch mit verschiedenen Sngerinnen und einem Gitarristen zusammen. Irgendwann brachte Tim einen eigenartigen Text von Samuel Beckett mit ins Studio und schlug vor, da wir den zusammen bearbeiten sollten. Der Text hie "Bing" und åbte sofort eine starke Faszination auf mich aus. Er bestand aus rhythmisch angeordneten, freien Assoziationen, die kaleidoskopartig wechselnde Zustnde beschwrten: "Alles gewut...alles wei...nackter weier Leib...ein Meter Beine aneinander wie genht...Licht Wrme...weier Boden...". Tim hatte sich schon immer zu eigenartigen Texten und Zustnden hingezogen gefåhlt, er ist der instabile Part in unserer Zusammenarbeit. Wir beschlossen, den Text zu strukturieren und bestimmten Wortgruppen immer wiederkehrende Gerusche zuzuordnen. Unsere Stimmen bearbeiteten wir mit Effekten, im Hintergrund errichteten wir eine sich langsam verndernde atonale Klangwand. So entstand unser erstes experimentelles Ståck, ohne Harmonieen, ohne durchgehende Rhythmik. Das Ståck war so lang wie der gesprochene Text - ca. 15 Minuten - und zwang damit den Zuhrer, nicht nur nebenbei, sondern mit voller Konzentration und Hingabe zuzuhren. Man war gezwungen, IN DEN ZUSTAND der Musik EINZUDRINGEN. Ich glaube, in diesem Moment wurde, wenn auch noch nicht offiziell, unser Projekt KLANGKRIEG geboren. Kurze Zeit spter trennten wir uns von unserer damaligen Sngerin und unserem Gitarristen und beschlossen, fortan rein abstrakt vorzugehen, d.h. losgelst von Melodie, Harmonie und Rhythmus. Waren Gerusche bis zu diesem Zeitpunkt nur eine Begleiterscheinung unserer Musik gewesen, so råckten sie jetzt in den Mittelpunkt des Geschehens. 1987 benannten wir uns zunchst in KLANGKRIEG MANUFAKTUR, spter dann in KLANGKRIEG um. Damit zogen wir eine Parallele zu den radikalen Theorieen der Futuristen, die den Lrm der Grostadt als neue Hymne des industriellen Zeitalters zelebrierten. Der Name KLANGKRIEG geht einen Schritt weiter und bezeichnet den utopischen Zustand eines maximalen Lrmpegels, einen Krieg der Klnge, einen Krieg der Sinneseindråcke und Informationen. In jeder Grostadt ist eine solche Tendenz zunehmenden Lrm- und Informationspegels auszumachen. Uns interessiert aber nicht die Reproduktion dieses Lrms, sondern eine affirmative Annherung an das Rauschen der Welt, mit der Absicht, Lrm als Musik zu interpretieren, ihn zu filtern, zu zerlegen, das Ohr får die Gerusche des Alltags und die ihnen innewohnende Musik sensibel zu machen. Es geht uns um eine radikale Poesie des Hrens.
Betrachtet man eure kånstlerische Schaffen, bemerkt man, da eure Musik sich viel zu mehr experimentellen Bereich verndert ist. Nach welchen Zielen strebt ihr mit Musik? Ist sie sich vor dem Formalismus bewahrt? 
Als Kånstler im Totenfrack sind wir niemals vor Formalismen sicher. Aber alles, was wir tun, ist Teil einer steten Entwicklung und kommt aus einer inneren Notwendigkeit. Eine allgemeine Tendenz unserer Arbeit ist offenbar zunehmende Konzentration. Damit geht manchmal ein Verlust charmanter Naivitt und Ungereimtheit einher. Unsere ersten Verffentlichungen waren durcheinandergewårfelter, hnelten mehr Film-Soundtracks. Zwar ist das erzhlerische, durchkomponierte Element nicht verlorengegangen, aber wir haben gerade auf unserer letzten CD "Das Fieber der menschlichen Stimme" Grenzen erforscht, die vielen Hrern schon zu abstrakt, zu "kåhl" erschienen. So etwas passiert schnell, wenn man eine bestimmte Entwicklung durchgemacht hat, und sich dann als Musiker aus reiner Neugierde immer mehr von Erwartungsmustern entfernt. Wir langweilen uns einfach bei Wiederholungen. So wie AUBE oder MERZBOW arbeiten wir nicht. Bei diesen Kånstlern liegt eine starke Bindung an ein åbergeordnetes Klang-Konzept vor, das nicht gendert, allenthalben variiert wird. Das wre uns zu eintnig und formalistisch. Tim und ich konzentrieren uns bei jeder neuen CD auf ein neues Konzept, da wir tendenziell, aber nicht dogmatisch, einhalten. Obwohl die Mglichkeiten der Klangerzeugung und -bearbeitung immer mannigfaltiger und verwirrender werden, beschrnken wir uns beim Komponieren zunehmend auf Wesentliches, um klare Aussagen machen zu knnen. Technik verstehen wir nur als Werkzeug zur Umsetzung unserer Ideen. Wir beherrschen sie, aber befassen uns nicht viel mit ihr. Insgesamt knnte Tim eher als Ingenieur, ich eher als Komponist bezeichnet werden. Er baut Gerte, entwickelt Klnge, ich kåmmere mich um die Struktur und Dramaturgie der Musik.
Du hast konzertiert oft. Ist die Studien-Arbeit nicht so interessant wie Konzert-Auftritte? Wie sind Deine Gefåhle an Performance-Art insgemein?
Das Leben ist interessanter als das Studium. Im Studium wollte ich nur Dinge lernen, die mir von Natur aus nicht so leicht fallen. Dort habe ich mich im Zeichnen und im Video- und Animations-Film geåbt. Diese Erfahrungen gehen aber mit der Musik Hand in Hand. Ich sehe mich nicht als reinen Musiker, auch wenn mein Herz im Inneren des Ohres schlgt. Ich interessiere mich får Krach, Sci-Fi Pop, Film, Hrspiel und Exstase. Kurz gesagt: får elektronischen Anarchismus. Bei Konzerten kann ich direkt mit anderen Menschen kommunizieren. Das ist ein kollektives Erlebnis, bei dem ich meine Person als Risikopotential einsetze. Wenn ich åberzeugend bin, bekomme ich Beifall, wenn ich schlecht bin oder auf der Båhne åberflåssig wirke, werde ich ausgebuht. Darum treten viele Elektronik-Nerds konsequenterweise auch nicht auf. Im Zeitalte